Versicherungen und Finanzanlagen - ein neuer Ausbildungsberuf

27.07.2022

Die Versicherungswirtschaft ist eine der Branchen, die unter dem Stichwort "Digitalisierung" in den letzten Jahren eine Vielzahl von Veränderungen erfahren hat. Arbeitsprozesse haben sich komplett verändert, aber auch die Produkte sind vielfältig, neu und individualisiert auf die Kund*innen zugeschnitten. Damit haben sich auch die Anforderungen an die Beschäftigten verändert. Eins ist jedoch gleich geblieben - nur qualifizierte Fachkräfte werden diesen Wandel gestalten können.

 
Kaufmann*frau für Versicherungen und Finanzen

Angepasst an die veränderte Arbeitswelt haben die ver.di-Sachverständigen aus der betrieblichen Praxis, gemeinsam mit den Arbeitgebern, den Vertreter*innen der Bundesministerien und des Bundesinstituts für Berufsbildung, den Ausbildungsberuf „Kaufmann*frau für Versicherungen und Finanzen“ zum „Kaufmann*frau für Versicherungen und Finanzanlagen“ weiterentwickelt. Digitalisierte Arbeitsformen, zunehmend notwendiger werdende Resilienz der Beschäftigten sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz sind Veränderungen, die die Neuordnung bestimmt haben.

Was ist neu am neuen Berufsbild?

  • Keine Fachrichtungen

Die Fachrichtung „Finanzberatung“ gibt es im neuen Beruf nicht mehr. Ausgebildet wird aber im Bereich der Finanzanlageberatung, vorrangig in Versicherungsprodukten für die Altersvorsorge.

  • Kundenbedarfsfelder statt Sparten

Die Ausbildung in Produkten und Sparten wurde durch eine Ausbildung in insgesamt sechs Kundenbedarfsfeldern abgelöst. Angepasst an die jeweilige Lebenssituation der Kund*innen und deren Absicherungsbedarf, werden diese zu passenden Produkten beraten.

  • Fünf Wahlqualifikationen

Im dritten Ausbildungsjahr stehen fünf Wahlqualifikationen (WQ) zur Auswahl, die einzelne Ausbildungsinhalte vertiefen. Besonders erwähnt sei hier die WQ „Digitalisierungsprozesse in der Versicherungswirtschaft initiieren und begleiten“, die es Auszubildenden ermöglicht an der Schnittstelle zwischen Sachbearbeitung und IT zu lernen.

  • Neue Standardberufsbildpositionen

Während der Ausbildung werden begleitend Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, die für alle Berufe gelten (sog. Standardberufsbildpositionen) und die ebenfalls neu sind. Vor allem zu nachhaltigem Handeln und zur digitalisierten Arbeitswelt sind wichtige Neuerungen enthalten.

  • Gestreckte Abschlussprüfung statt Zwischen- und Abschlussprüfung

Am Ende der Ausbildung steht die Abschlussprüfung, die dieses Mal schon im vierten Halbjahr beginnt, weil es eine gestreckte Abschlussprüfung ist, deren erster Teil bereits in das Endergebnis einfließt.

Am 8. März 2022 wurde das neue Berufsbild im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und kann mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres ausgebildet werden. Jetzt ist es an den Jugend- und Auszubildendenvertreter*innen und den Betriebsrät*innen auf eine gute Umsetzung des neuen Berufsbildes im Betrieb hinzuwirken sowie auf die Qualität der Ausbildung zu achten.

Bereits vor Beginn des Neuordnungsverfahrens hat sich ver.di mit Digitalisierung in der Versicherungswirtschaft auseinandergesetzt und den Praxisreport "Wie ein Mensch denken, das kann der Bot nicht" veröffentlicht. Darin wird "Gute Praxis" im Umgang mit der Digitalisierung dargestellt. Es kommen betriebliche Akteure zu Wort, die die Herausforderungen diskutieren und darstellen, welche Strategien sie ergreifen, um digitale Prozesse in den betrieblichen Alltag zu integrieren. Die Publikation ist nebenstehend abrufbar.